VW, Tesla und Co.: Wege aus der automobilen Sackgasse

Kann die Autoindustrie ökologisch verträglich umgebaut werden?

18.04.2024, 19:00
Mehringhof, Versammlungsraum
Gneisenaustraße 2a, 10961 Berlin

Der Autoindividualverkehr steht für massive Klimaschäden und eine systematische Zerstörung der Städte. Die Autokonzerne und die Politik erzählen uns das Märchen, die massenhafte Einführung von Elektroautos sei eine ökologische Alternative. In Wahrheit ist E-Mobilität ein extremer Ressourcenfresser, der nicht akzeptable Umweltschäden verursacht. Tatsächlich gibt es nur eine ökologische Alternative: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrssystems.

Kann die Autoindustrie ökologisch verträglich umgebaut werden? Was ist mit den Beschäftigten bei VW, Tesla und Co.? Gibt es alternative Verkehrsprojekte, um die Mehrheiten aufgebaut werden können? Sollten wir für die Vergesellschaftung der Autoindustrie kämpfen?

Klaus Meier ist Ingenieur und Dozent und arbeitet seit vielen Jahren zur ökologischen Transformation. Er ist Teil des Netzwerk-Ökosozialismus und spricht darüber, wie eine sozial-ökologische Transformation im Mobilitätssektor aussehen kann, die sowohl ökologisch nachhaltig ist als auch den Interessen der Belegschaften gerecht wird.

Veranstaltet von Left Ecological Association und Perspektive Selbstverwaltung. Unterstützt von der Rosa Luxemburg Stiftung.

Redebeitrag der Ökosektion bei der Demonstration für den Erhalt von Lüzerath

Am Sonntag 5. Februar fand eine Demonstration statt unter dem Motto ‚Lüzerath lebt weiter – Bewegungen lassen sich nicht räumen‘. Perspektive Selbstverwaltung war anwesend und hielt einen Redebeitrag:

Die Räumung von Lützerath ist eine weitere eingerissene Brandmauer auf dem Weg in die Klimakrise. Wir, als Individuen und als Bewegung, wir haben immer wieder mit harten Rückschlägen zu kämpfen. Während wir hier stehen, werden weitere Besetzungen angegriffen: in der Nähe von Dresden wird ab nächster Woche der „Heibo“ geräumt. Die Besetzer*innen kämpfen für einen Wald, unter dem Kies abgebaut werden soll. Auch im Fechenheimer Wald nahe Frankfurt verteidigen mutige Menschen unsere Zukunft. Dort wird ein weiteres lebendiges Ökosystem brutal gekillt, wachsende Bäume müssen weichen für tonnenweise Asphalt, Leitplanken, Stau.

Der Heibo, der Fecher, Lützerath: diese Orte, die wir in dieser Rodungssaison verteidigen wollen, reihen sich ein in eine lange Tradition.

Vor zwei Jahren haben wir ganz ähnliches im Dannenröder Wald erlebt, vor vier Jahren kämpften wir im Hambacher Forst gegen die gleichen Kohlebagger, die jetzt Lützerath zerstören. Und auch vor über 40 Jahren haben sich bei den Anti-Atomkraft-Protesten im Wendland bereits Menschen zusammengetan, um auf bedrohtem Boden solidarisch zusammenzuleben. Das gleiche passierte damals auch in Frankfurt, wo gegen den Bau der Startbahn West am Flughafen Widerstand geleistet wurde. An all diesen Orten entstanden Dorfbesetzungen, Ackerbesetzungen und Waldbesetzungen, Hüttendörfer und Blockaden.

Und immer wieder wurde geräumt. Immer wieder wurden wir und unsere Genoss*innen verletzt. Immer wieder gab es Tote zu betrauern. Immer wieder haben wir Kämpfe verloren. Immer wieder fielen Hundertschaften, Wasserwerfer, Helikopter in unsere bedrohten Freiräume ein und versuchten, sie zu zerstören.

Warum machen wir trotzdem weiter? Warum gibt es auch nach Jahrzehnten der Umwelt- und Klimabewegung weiterhin Aktionen, Projekte, Besetzungen?

Dafür gibt es ganz sicher so viele Gründe, wie es Menschen gibt, die mit uns kämpfen. Aber eins möchten wir heute besonders herausstellen:

Lützerath und all die anderen besetzten, befreiten, verteidigten oder verlorenen Orte waren ganz besondere Freiräume. Es sind Orte der Utopie, des Lachens und der gemeinsamen Lagerfeuer. Es sind Orte des Lernens und der stundenlangen Gespräche mit vorher völlig Fremden Menschen. Das mag kitschig klingen, aber es ist die Wahrheit. Immer wieder trifft man Menschen, die sagen, dass sie in Besetzungen zum ersten Mal sie selbst sein konnten. Dass sie neues Selbstbewusstsein erlangt haben. Dass sie zum ersten Mal Solidarität und Gemeinschaft erfahren haben und dass sie jetzt wissen: es gibt etwas, dafür lohnt es sich zu kämpfen.

Viele von uns kennen das beißende Gefühl von Pfefferspray in den Augen und auf der Haut, die Angst angesichts eines erhobenen Knüppels, die weiße Leere in der Polizeizelle. Aber wir sind bereit, diesen Preis in Kauf zu nehmen, denn wir haben gespürt, dass es eine bessere Welt geben kann. Wir wissen, dass es keine Befehle und keine Hierarchien braucht, um eine schlagkräftige Aktion zu organisieren. Und wenn wir gemeinsam Barrikaden bauen, in der Küche für Alle das Gemüse schnippeln, alte Lieder singen, dann greifen wir nach der Freiheit, die uns verwehrt geblieben ist. Wir brauchen den Staat nicht, der mit RWE und anderne Konzernen Hand in Hand arbeitet. Wir sind besser dran ohne die Polizei, die uns verprügelt, wenn wir eine bessere Zukunft wollen. Wir sind stark, wenn wir uns selbst organisieren.