Kein Einzelfall. Rest in Power Marcel K.

Triggerwarnung: In diesem Text kommt tödliche Polizeigewalt vor.

Am 27.04.22 hat die Berliner Polizei Marcel K. brutal angegriffen. Marcel K. starb eine Woche später im Krankenhaus an den Folgen der Polizeigewalt. Wir verurteilen den tödlichen Angriff der Cops und unser Mitgefühlt gilt der Familie und den Freund*innen von Marcel K.

Immer wieder, wenn die Polizei mordet, erfindet sie eine Rechtfertigung für ihr Vorgehen, so auch dieses Mal. Den Cops nach wurden sie wegen eines Hausfriedensbruchs in die Brückenstraße gerufen. Im Treppenhaus fanden sie dann Marcel K. auf, der sich trotz Aufforderung den Ort zu verlassen weigerte zu gehen. Laut der Cops wehrte er sich mit Tritten. Außerdem soll er sie mit einer Bierflasche beworfen haben, woraufhin die Cops Pfefferspray benutzten. Daraufhin kollabierte Marcel und die Cops mussten ihn reanimieren und den Rettungsdienst rufen.

Augenzeug*innen widersprechen dieser Darstellung. Ihnen zufolge fand die Szene gar nicht in einem Treppenhaus statt, sondern in einer Hausdurchfahrt. Sie kennen Marcel K. und berichten von seiner Beinverletzung, die es ihm kaum ermöglicht, richtig zu gehen. Als die Cops ihn an dem verletzten Bein anpackten und daran zogen, versuchte sich der am Boden liegende Marcel zu wehren, woraufhin sie anfingen auf ihn einzuschlagen und Pfefferspray benutzten.

Ab wann wussten die Cops von Marcel K.s Tod?

Am 23. Mai stoppten Zivilcops mit gezogener Waffe eine Plakatieraktion, die über die Polizeigewalt informieren sollte. Zu dem Zeitpunkt wusste die Öffentlichkeit noch nichts von Marcels K.s Tod. Als die Cops sahen, dass auf den Plakaten nur von der Polizeigewalt, nicht aber von Marcel K.s Tod die Rede war, sagten sie: „Ach, den Text kennen wir ja schon.“ Die Pressestelle der Polizei behauptete auf eine Anfrage hin, sie habe erst nach eigener Recherche am 3. Juni von dem Tod erfahren. Die Staatsanwaltschaft allerdings hatte schon Anfang Mai eine Obduktion angeordnet.

Die Cops, die an der tödlichen Polizeigewalt mitbeteiligt waren, sind weiterhin im Dienst, ein Ermittlungsverfahren wegen Verdacht der Körperverletzung mit Todesfolge wurde eingeleitet. ​​​​​​​Für uns ist klar, ohne die Eskalation durch die Cops hätte Marcel nicht sterben müssen. Eine Aufklärung der Umstände wie Marcel gestorben ist nicht möglich wenn die Täter gegen sich selbst ermitteln und die Information das Marcel K. gestorben ist zurückhalten.

Immer wieder sterben Menschen im Polizeigewahrsam. Laut der Studie „Deaths in German police custody“ starben in Deutschland zwischen 1993 und 2003 mindestens 128 Menschen im Polizeigewahrsam. Besonders bedroht sind Menschen mit psychischen Krankheiten, Obdachlose, Suchtkranke, von Rassismus Betroffene.  Cops werden immer wieder an Orte gerufen, an denen sich sozialen Probleme häufen. Ein Beispiel dafür ist die geplante Wache am Kotti. Dabei bringen die Cops keine Lösung dieser Probleme mit, sondern Zwang, Gewalt und keinerlei Ausbildung für soziale Konfliktsituationen.

Was wir anstatt der Gewalt brauchen, sind soziale und solidarische Lösungen. Auf staatliche Institutionen und autoritäre Antworten können wir uns dabei nicht verlassen. Staatliche Repression macht unsere Gesellschaft nicht sicherer. Sicherheit bedeutet für den Staat Abwesenheit von Kriminalität. Dabei werden Menschen kriminalisiert, verfolgt, verdrängt und eingesperrt. Die Probleme, die zu „Kriminalität“ führen sind dadurch aber nicht gelöst.

Sicherheit für uns bedeutet soziale Sicherheit wie materielle Absicherung, Wohnraum, Bildung, Schutz vor diskriminierender Gewalt und eine gesundheitliche Perspektive. Zusätzlich brauchen wir alternative Strukturen für den Umgang mit Gewalt und Konfliktsituationen. Nur so kann unsere Gesellschaft sicherer werden. Statt den Repressionsapparat Jahr für Jahr aufzurüsten, sollten wir diese Ressourcen in zivile Stellen umleiten.

Ein suchtabhängiger Mensch braucht keine Polizei, sondern eine*n guten Sozialarbeiter*in, ein obdachloser Mensch braucht kein Pfefferspray und Knüppel, sondern ein zu Hause, ein gewalttätiger Mensch braucht keinen Knast, sondern eine Therapie. Konflikte zwischen Personen können nicht durch Bestrafung gelöst werden, sondern müssen auf Wiedergutmachung ausgelegt und bedürfnisorientiert sein.

Wir sind überzeugt, dass eine klassenlose Gesellschaft, die auf Solidarität und gegenseitiger Hilfe basiert, besser mit sozialen Problemen wie Obdachlosigkeit umgehen kann als das Gewaltmonopol des Staates. Der Umgang mit sozialen Problemen, Konflikten und Gewaltsituationen kann nur von den Menschen selbst kommen. Wir können uns nur selbst befreien.

Zum Weiterlesen findet ihr hier unser Programm zu Gerechtigkeit:

​​​​​​​Quellen: