Wir haben uns letzten Sonntag mit einem eigenen Block an der Demo der ukrainischen Diaspora-Organisationen beteiligt. Unserem Aufruf folgten ca. 300-500 Menschen und einige Gruppen.
Da in der Demo an der wir uns beteiligt haben zum Teil sehr nationalistische Positionen vertreten waren, möchten wir uns zu unserer Entscheidung dort mitzulaufen positionieren.
Wie ist es dazu gekommen?
Am ersten Tag der Eskalation des Russischen Staates im Krieg gegen die Ukraine (24.02.), folgten wir dem Aufruf ukrainischer Anarchist*innen und beteiligten uns an der Kundgebung vor der Russischen Botschaft. Dort sprach uns eine der Organisator*innen an. Sie freute sich, dass wir als anarchistische Organisation da waren und lud uns ein, uns bei der Großdemo am Sonntag zu beteiligen um zusammenzustehen gegen den Krieg und nicht wieder verschiedene einzelne Kundgebungen zu machen.
In den nächsten Tagen gab es ein Chaos an Informationen zu Kundgebungen und Demos, unser Wunsch war es von Anfang an, unsere anarchistischen Positionen (siehe Aufruf, Diskussionsbeitrag und Hintergrundartikel von Januar) sichtbar zu machen und nicht zwischen „richtigen“ oder „falschen“ Entscheidungen handlungsunfähig zu sein.
Daher riefen wir zum antimilitaristischen & klassenkämpferischen Block auf sobald wir von den Organisator*innen die Infos zum Startpunkt hatten, um mit unseren Positionen (gegen Putin, gegen die NATO und für die Menschen auf allen Seiten der Grenzen) bei den Menschen zu sein, die selbst Bezüge haben, selbst betroffen sind.
Als sich Samstag nach und nach die Pläne der Demonstration änderten (nicht zur großen Friedenskundgebung am Brandenburger Tor, sondern eine ganz eigene Route zu laufen) und sich ihre Positionen deutlicher exklusiv an die Seite der ukrainischen Bevölkerung stellte, kamen zwar bei uns Zweifel auf – wir wollten aber der Verantwortung, die so ein Aufruf mit sich bringt gerecht werden und nicht spontan am Sonntag früh alles absagen.
Wieso wir trotzdem hinter unserer Entscheidung stehen
Fest steht für uns, dass wir unsere antimilitaristische, klassenkämpferische und antiimperialistische Position in die Gesellschaft tragen wollen. Dabei werden wir immer Widersprüchen begegnen und aus diesen lernen wir. Damit unsere Propaganda – gegen den Imperialismus Putins, gegen eine Intervention der NATO und für ein Zusammenstehen der lohnabhängigen Klassen überall – die Menschen erreicht, die diese Positionen nicht eh schon teilen, sehen wir die Notwendigkeit der Beteiligung an Massendemonstrationen, anstatt eigene Kundgebungen zu organisieren.
Ob nun eine Demonstration der ukrainischen Diaspora, auf der zwar auch ultranationalistische Positionen vertreten werden, der Großteil der Teilnehmenden aber in erster Linie um das Überleben ihrer Verwandten und Freund*innen bangt – oder eine Kundgebung wo sich sehr unterschiedliche Organisationen und NGOs beteiligen, deren Positionen wir vorher nicht alle checken können, der bessere Ort dafür ist, wollen wir nicht abschließend beurteilen.
Für uns war von Anfang an klar: die Bedingung für unsere Beteiligung ist, dass wir unsere Positionen deutlich machen. Das haben wir durch Flyer, einen eigenen kleinen Lauti mit Redebeiträgen, eigene Demoparolen, Transpis, Schilder und aus all dem entstandene Gespräche erreicht.
Wenn wir Menschen von unseren Positionen überzeugen wollen, müssen wir bei ihnen sein und mit ihnen reden, auch wenn sie vielleicht eine Nationalfahne tragen.
Trotzdem werden wir uns weiterhin nicht auf Diskussionen mit Faschist*innen, Ultranationalist*innen und denen, die jetzt nach einem Bundeswehreinmarsch schreien, einlassen. Es ist aber klar, dass wir ihnen begegnen, wenn wir nicht nur in unseren eigenen Szenedemos auf die Straße gehen. Wenn sie versuchen, ihre Ansichten unter den Massen zu verbreiten darf das nicht heißen, dass wir uns zurückziehen. Was die Konsequenzen davon sind sehen wir in Deutschland an den Corona-Protesten.
Wie weiter?
Wir werden uns als Organisation diese Woche nochmal mit mehr Ruhe und tiefer mit den Geschehnissen und Positionen verschiedener Gruppen auseinandersetzen und überlegen, wie wir konkret weiter machen können und wollen. Wenn ihr Ideen oder konkrete Pläne habt meldet euch gerne bei uns.
Wir schließen uns dabei der Analyse der Plattform an, dass wir eine breite Friedensbewegung brauchen, die die Interessen der lohnabhängigen Klassen auf allen Seiten der Grenzen vereint. Diese muss sich auch klar gegen den Imperialismus der NATO und die deutsche Aufrüstungspolitik positionieren.
Wir dürfen dabei unseren bei den Corona-Protesten begangenen Fehler nicht wiederholen.