Einleitung
Arbeit ist der Einsatz unserer körperlichen und geistigen Kräfte, um unser Überleben und das Aufrechterhalten der Gesellschaft zu sichern und gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Neben der Sättigung unserer Grundbedürfnisse besteht ein menschliches Bedürfnis, durch selbstbestimmtes (re)produktives oder kreatives Schaffen Sinnhaftigkeit zu erfahren.
Für viele Menschen ist der Begriff Arbeit aber negativ besetzt, da er oft gleichbedeutend mit Lohnarbeit ist. Also mit der Zeit in der Woche, die wir verkaufen müssen, um unser Essen und unsere Miete zu bezahlen. Egal ob wir unsere Arbeit gern machen oder nicht, oft haben wir keinen direkten Bezug zum Ergebnis und bekommen selber nur einen kleinen Teil des Profits, den wir erzeugen.1
Arbeit sollte jedoch als etwas Positives verstanden werden, denn sie ist die Grundlage für unseren gesellschaftlichen Reichtum, den materiellen wie den sozialen. Ohne unsere Arbeit hätten wir keine Häuser, kein Essen, keine Straßen, keine Pflege, keine Handys; keine*r würde auf unsere Kinder aufpassen, kochen, Konflikte lösen oder uns zuhören, wenn es uns schlecht geht. In der modernen Gesellschaft wird ein großer Teil dieser Arbeit nicht entlohnt, obwohl sie einen enormen gesellschaftlichen Wert hat. Das ist Reproduktionsarbeit2, und in den letzten 500 Jahren sind es vor allem Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre-, Trans- und Agender Personen (FLINTAs), die diese (ungesehen) machen.
Der Großteil der Gesellschaft geht einer Lohnarbeit nach. Das liegt daran, dass sie selbst keine Arbeitsmittel wie Werkzeuge, Maschinen, Land, Gebäude, Rohstoffe, patentiertes Wissen und andere Infrastruktur besitzen. Da sie jedoch Lebensmittel und Miete zahlen müssen, sind sie dazu gezwungen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen und dabei Fremdbestimmungen in Kauf nehmen. Der Teil der Gesellschaft, der darauf angewiesen ist die eigene Arbeitskraft für einen Lohn zu verkaufen, ist die lohnabhängige Klasse3.
Ihr gegenüber steht die besitzende Klasse. Dies ist der Teil der Gesellschaft, der zwar über ausreichend Arbeitsmittel verfügt, aber selbst nicht genug Arbeitskraft oder -wissen hat, um diese vollumfänglich einzusetzen. Diejenigen, die Arbeitsmittel und Arbeitskraft kaufen, um damit ihr Geld zu vermehren, sind Kapitalist*innen. Ihr Geld und ihre Arbeitsmittel sind das Kapital. Das bedeutet, dass die Lohnarbeitenden zwar einen Teil des Werts, den sie erschaffen, als Lohn ausgezahlt bekommen. Den darüber hinausgehenden Mehrwert behalten aber die jeweiligen Kapitalist*innen. Diese Aneignung des Mehrwerts ist die alltägliche Ausbeutung der Lohnarbeitenden im Kapitalismus.
Zur lohnabhängigen Klasse gehören neben Arbeiter*innen alle, die auf andere finanzielle Leistungen oder Unterstützung angewiesen sind, wie z.B. Erwerbslose, Lernende und Kinder. Es gibt also innerhalb der lohnabhängigen Klasse beachtliche Unterschiede, welchen Status, welche Sicherheiten oder Ressourcen Menschen haben. Am Beispiel eines Krankenhauses wird sichtbar, dass sich Pflegepersonal, Putzkräfte, Ärzt*innen (und Andere) unterscheiden. In ihrem Zugang zu Bildung, wie viel Gehalt sie bekommen und dementsprechende Rücklagen sie haben, wie viel Einfluss sie auf die Gestaltung ihrer Arbeit haben, aber auch, wovon sie träumen und welche Sorgen sie beschäftigen. Sie unterscheidet, wie sie Probleme erleben und mit ihnen umgehen (können), wie sie denken, fühlen und handeln.
Von wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen
Wenn wir als Perspektive Selbstverwaltung über die lohnabhängige Klasse sprechen, dann wollen wir genau diese Unterschiede und alltäglichen Erfahrungen miteinbeziehen. Durch sie bestimmt sich einerseits, welche konkreten Interessen Menschen daran haben, wie Arbeit, Eigentum und Produktion gesellschaftlich organisiert werden. Andererseits sind diese Unterschiede und Erfahrungen Grundlage von Herrschaft und Unterdrückung.
Die ökonomische Ebene von Klasse – also die Beziehung zu den Produktionsmitteln – bestimmt also auch die soziale: Es geht um die Herstellung sozialer Unterschiede in der Gesellschaft, welche wiederum den Zugang zu ökonomischen Mitteln beeinflussen. Das passiert über Generationen hinweg. Es ist ein wenig wie beim Kartenspiel: Wer mit einem guten Blatt und guten Karten startet, hat bessere Chancen als mit einem schlechten Blatt.
Im Kapitalismus wird der überwiegende Teil der Menschen mehrfach unterdrückt. Oft sind es eh schon von der Gesellschaft benachteiligte Menschen, die je nach Branche, mit ihrer Arbeit die Gesellschaft aufrecht erhalten: Migrant*innen, FLINTA, queere oder arme Menschen. Ab und zu, wie in Zeiten der Corona-Pandemie, werden sie als systemrelevante „Held*innen“ von den Balkonen beklatscht, was aber nichts an ihrer chronischen Unterbezahlung und ihren prekären Arbeitsbedingungen ändert. Doch den Rest der Zeit werden ihre Meinungen nicht wertgeschätzt, ihre Interessen ignoriert, ihre Lebensweisen abgewertet. Dies passiert nicht trotz der Tatsache, dass sie den Großteil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit leisten, sondern gerade deswegen. Zusätzlich sehen sie sich in ihren alltäglichen Kämpfen mit rassistischen, sexistischen und klassistischen4 Erfahrungen konfrontiert. Das Unsichtbarmachen real existierender Klassenverhältnisse dient der Sicherung einer Gesellschaftsform, die auf unter anderem rassistischer und patriarchaler Unterdrückung und Ausbeutung beruht.
Bei der Aufrechterhaltung der eben beschriebenen Unterdrückungen, sowie der kapitalistischen Produktionsweise, spielt der Staat eine zentrale Rolle. Die Entstehung des modernen Nationalstaats ist sehr stark verbunden mit der Verankerung des Kapitalismus. Der Staat stellt die Spielregeln dieses Systems und setzt sie durch. Meist zunächst mit sanften Mitteln, wenn nötig aber auch mit direkter Gewalt.5 Seine Rolle ist komplexer geworden. Unter anderem deswegen, weil der Staat heutzutage um soziale Unzufriedenheit und damit Unruhen zu kontrollieren, viele soziale Aufgaben erfüllt. Zu diesen Aufgaben gehören beispielsweise das Arbeitslosengeld, die Regulierung von Arbeitsschutzmaßnahmen, Tagespflege für Kinder und viele mehr. Dies ändert jedoch nichts am Kern des Staates. Dieser vertritt Grundinteressen, die den Kapitalismus aufrecht erhalten. In Krisenzeiten legt der Staat einen Fokus auf seine wirtschaftlichen Interessen – auf Kosten von Arbeitsrechten und von sozialen Bereichen wie Gesundheitsversorgung oder Bildung.678
Produktion im 21. Jahrhundert
Es gibt im 21. Jahrhundert die vorherrschende Erzählung, dass die Art und Weise, wie wir arbeiten und produzieren in einer globalisierten und digitalisierten Welt immer komplexer, ungreifbarer wird – manchmal wird sogar behauptet, die Klassengesellschaft gäbe es gar nicht mehr. Die Klassengesellschaft ist aber mit der richtigen Analyse immer noch klar zu erkennen. Es gibt einige Entwicklungen des Kapitalismus, die dafür besonders wichtig sind:
Erstens sind durch Globalisierung die Produktionsketten global organisiert. Das heißt die einzelnen Arbeitsschritte, die in einem Produkt stecken, sind über den ganzen Planeten zerstückelt. Der größte Teil der weltweiten Produktion ist inzwischen in sogenannte Niedriglohnländer ausgelagert, während die meisten dafür notwendigen Rohstoffe immer noch durch (ehemalige) Kolonialstaaten im globalen Süden geraubt werden9 Schlecht bezahlte Arbeiter*innen, die nicht Teil der bürgerlichen Mittelschicht sind und die sich keine „Fair-Trade“-Produkte leisten können, bleibt im Westen oft nichts anderes übrig, als durch den Konsum billiger Produkte die Ausbeutung von Arbeiter*innen auf der anderen Seite des Planeten aufrecht zu erhalten. Deren tatsächliche Arbeit, ihre Lebensumstände und Schicksale bleiben für die Konsument*innen auf der anderen Seite des Globus, größtenteils unsichtbar.
Zweitens gibt es immer mehr komplexe und undurchsichtige Arbeitsverhältnisse, von denen uns eingeredet wird, sie seien vorteilhaft für uns oder notwendig, um die nationale Wirtschaft zu stützen. Dazu gehören beispielsweise flexible und somit jederzeit kündbare Arbeitsverträge, Scheinselbständigkeit oder Zeitarbeit. Diese Arbeitsverhältnisse ermöglichen es Kapitalist*innen, z.B. Risiken auszulagern, Sozialversicherungsbeiträge zu umgehen oder einen Teil unseres Lohns einzubehalten. Außerdem wird – wie in vielen Arbeitsverhältnissen – auch in der Saisonarbeit die prekäre Situation von Migrant*innen ausgenutzt.
Drittens führt der technologische Fortschritt, trotz seiner Potentiale, oftmals nicht zu einer tatsächlichen Verbesserung unserer Leben. Wenn unsere Arbeit von der 40 Stundenwoche entkoppelt wäre, könnte Technologie unsere Arbeit erleichtern und damit auch potenziell verkürzen, wenn sie gerechter verteilt wird.10 Stattdessen erleben wir aber eher eine Zunahme von Überwachung am Arbeitsplatz und noch höhere Konkurrenz um miese und sinnlose Jobs (sogenannte Bullshit Job.11 Wir arbeiten zunehmend im Takt von Maschinen oder Systemen, die jeden Handgriff bestimmen, jede Pausenzeit kontrollieren, jede Lieferroute vorausplanen.12 Das Ergebnis ist eine zunehmende Entfremdung13 der Menschen von sich selbst, ihren Mitarbeitenden und den Produkten ihrer eigenen Arbeit.
Die besitzende Klasse muss ihre wirtschaftliche Position in der Konkurrenz aufrecht erhalten, um weiterhin von dem System zu profitieren. Eine Strategie dafür, ist die Vielschichtigkeit der Unterdrückungen im Kapitalismus zu nutzen, um uns als lohnabhängige Klasse gegeneinander ausspielen: Der Arbeiter mit sicherem Aufenthaltsstatus, dem eingeredet wird, er müsse seinen Arbeitsplatz vor der migrantischen Arbeiterin verteidigen; Eine Frau, die für die gleiche Arbeit weniger bezahlt bekommt als ihre männlichen Kollegen; Kollektivbetriebe, die gezwungen sind ihre Mitglieder schlecht zu bezahlen, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden; die Person mit geringem Einkommen, die auf günstige Produkte angewiesen ist, die unter miserablen Bedingungen in Niedriglohnländern produziert worden sind.
Uns alle aber vereint, dass wir keinen wirklichen Einfluss darauf haben, was produziert wird oder welche Dienstleistungen erbracht werden. Dass wir kaum mitgestalten können, wie das umgesetzt wird oder was mit den Ergebnissen unserer Arbeit passiert. Wir haben eine Menge zu gewinnen, wenn wir, trotz aller Unterschiede, vereint für unsere Interessen einstehen würden, als globale lohnabhängige Klasse. Der gemeinsame und internationale Kampf der lohnabhängigen Klasse, der Klassenkampf von unten, ist ein wichtiger Motor für grundlegende Veränderung.
Perspektiven für eine grundlegende Veränderung
Als Perspektive Selbstverwaltung ist unser Ziel eine Welt, in der die Menschen aufhören sich gegenseitig und die Natur auszubeuten. In der durch Entschädigungen für die (post)koloniale Ausbeutung, für alle Regionen des Globus gleichberechtigte Bedingungen geschaffen werden. In der wir die anfallenden Aufgaben gerecht aufteilen und darüber hinaus unsere Fähigkeiten zu unser aller Bereicherung einsetzen. In der wir Technologien sinnvoll verwenden, nicht zur Produktion von immer mehr überflüssigen Waren, auf deren Verkauf der Kapitalismus angewiesen ist.
Wir wollen nicht mehr, nur um des Überlebenswillens, für den Reichtum einiger Weniger arbeiten müssen. Wir wollen nicht mehr dabei zuschauen, wie das kapitalistische System sich aus den immer wiederkehrenden Krisen herauswindet, indem wir, als lohnabhängige Klasse, die Hauptlast davon tragen. Wir wollen nicht mehr durch unsere Arbeit zur Vernichtung unseres eigenen Planeten beitragen müssen. Wir wollen was, wie, wo und mit wem wir arbeiten, frei gestalten können. Wenn wir die Früchte unserer Arbeit selber in Händen halten, anstatt für den Profit anderer zu schuften, kann Arbeit wieder zu einer sinnvollen und erfüllenden Beschäftigung werden.
Um das zu erreichen, müssen wir als lohnabhängige Klasse an den materiellen Grundfesten dieses Systems rütteln und sie zu Fall bringen. Natürlich ist der Weg dahin von vielen offenen Fragen geprägt. Als Organisation haben wir einige Gedanken dazu, wie diese klassenlose Gesellschaft organisiert sein kann (Langfristig), wie wir sie aufbauen können (Übergangsphase) und welche Schlüsse wir daraus für Kämpfe innerhalb des Kapitalismus ziehen (Kurzfristig).
1. Langfristig
1.1 Grundprinzipien
Arbeit und Produktion innerhalb der selbstverwalteten Gesellschaft erfolgen entlang bestimmter Grundprinzipien.
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- A. Sie sind organisiert nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten innerhalb der Gesellschaft, z.B. nach Nahrung, Wohnung, Ruhe, Sozialer Interaktion und Rückzug, Kreativität, Schönheit, Lust und Genuss.
- B. Sie sind nachhaltig und ökologisch ausgerichtet, denn Menschen sind Teil der Natur und von ihr abhängig14: das bedeutet einen sparsamen Umgang mit Ressourcen sowie die Vermeidung umwelt- und klimaschädlicher Ausstöße, möglichst kurze Produktions- und Lieferketten.
- C. Arbeit soll interessant und verantwortungsvoll sein sowie einen möglichst direkten Bezug zum Ergebnis erlauben.
- D. Alle nach ihren Bedürfnissen, alle nach ihren Fähigkeiten: Menschen arbeiten so viel für die Gesellschaft, wie sie können und wollen und werden unabhängig davon von der Gesellschaft versorgt. Das heißt, Lohnarbeit wird abgeschafft.
- E. Reproduktionsarbeit wird als gleichwertige Arbeit anerkannt und unter allen Mitgliedern der freien Gesellschaft gerecht verteilt.
- F. Jede Arbeit wird gleich wertgeschätzt, unabhängig davon, wer sie macht.
- G. Die Gleiche materielle Absicherung für alle ist ein essentieller Bestandteil der klassenlosen Gesellschaft. Wenn alle gleichberechtigte materielle Zugänge haben, gibt es keine finanziellen und dadurch weniger soziale Abhängigkeiten. Das ermöglicht freiere Entscheidungen zu treffen und Beziehungen ehrlicher und direkter zueinander aufzubauen.
1.2 Selbstverwaltung von Arbeit
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- A. Arbeit ist selbstverwaltet und selbstbestimmt: Die Menschen, die eine Arbeit verrichten, können am besten selbst entscheiden, was dafür notwendig ist und wie diese erledigt werden soll. Für komplexere Organisationsstrukturen bieten föderalistische Modelle und Delegation viele Möglichkeiten – es braucht dafür keine Chef- oder Managementetage. [Siehe Programmteil Selbstverwaltung]
- B. Produktionsmittel stehen unter Verfügungsgewalt der Arbeiter*innen: das heißt Produktionsmittel und Produkte sind Kollektivbesitz, um die Selbstverwaltung und die klassenlose Gesellschaft sicherzustellen.15
- C. Wissen über Produktionsabläufe und implizites Erfahrungswissen werden geteilt und frei verfügbar gemacht, Weiterbildungsmöglichkeiten dazu werden geschaffen.
- D. Dezentralisierung und überregionale Organisierung durch konföderale Strukturen [Siehe Programmteil Selbstverwaltung 1.2 Kommune und 1.3 Konföderation]: es gibt Stellen, an denen eine Zentralisierung unvermeidlich ist, z.B. durch unterschiedlich gute Standortbedingungen. Hier besteht die Gefahr der Monopolbildung, die durch eine überregionale gleichberechtigte Verteilung ausgeglichen werden muss.
1.3 Produktion, Dienstleistung, Konsum und Verteilung
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- A. Die Basis dafür ist ein umfassendes Netzwerk von Produktionsstätten, Landwirtschaftsbetrieben, Dienstleistungskollektiven, Verkehrswegen, Kraftwerken, Verteilungszentren und vielem mehr. Damit ein effizientes16 und gerechtes Zusammenspiel aller Teile dieses Netzwerkes entstehen kann, braucht es aufeinander abgestimmte Strukturen. [Siehe Programmteil Arbeit 1.4 Räte und Programmteil Selbstverwaltung 1.3 Konföderalismus]
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- A1. Die Produktion, inklusive der Landwirtschaft, ist die Grundlage unserer materiellen Versorgung. Da eine befreite Gesellschaft nicht auf der Ausbeutung von Menschen in anderen Gesellschaften basieren soll, wird diese Arbeit lokal wieder eine größere Relevanz bekommen.
- A2. Dienstleitungen sind ebenso gleichberechtigt verfügbar für alle wie Konsumprodukte. Sei es die medizinische Versorgung und Pflege, Bildung oder ein Friseurbesuch: Die Beziehung zu Dienstleistungen und den Menschen, die diese erbringen, wird in der befreiten Gesellschaft auf Augenhöhe stattfinden.
- A3. Reproduktionsarbeit wird gerecht verteilt. Das heißt die Produktions- und Dienstleistungsarbeit muss so gestaltet sein, dass alle genug Kapazitäten für ihren Beitrag haben. Damit die Arbeit gleichberechtigt zwischen den Geschlechtern verteilt wird, muss das ständiger Teil der Bildung und Erziehung sein. Um die heutige geschlechtsspezifische Ungleichverteilung von Reproduktionsarbeit zu überwinden, braucht es zusätzliche Bildungsarbeit und Bewusstseinsentwicklung.
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- B. Die Verteilung erfolgt entlang der Bedürfnisse der Kommunen. Darunter die Verteilung von Rohstoffen, Arbeitsmitteln, Produkten und Dienstleistungen. [Siehe 1.4 B Konsumräte]
- C. Konsum orientiert sich an Bedürfnissen und Verfügbarkeit: Mit der Abschaffung der Lohnarbeit und gleicher materieller Absicherung aller Menschen [siehe 1.1 D & G] braucht es keinen finanziellen Warenwert mehr. Der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung richtet sich nach der Verfügbarkeit, dem Arbeitsaufwand und der ökologischen Belastung.
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- C1. Gemeinschaftlicher Konsum: Das Konzept von öffentlichen Bibliotheken kann auf viele Gebrauchsgegenstände angewandt werden. Nicht jede*r braucht ein eigenes Auto, eine Bohrmaschine oder andere Geräte, die selten benutzt werden. Dadurch verringert sich u.a. die Nachfrage nach Produkten und der Arbeitsaufwand.
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- A. Die Basis dafür ist ein umfassendes Netzwerk von Produktionsstätten, Landwirtschaftsbetrieben, Dienstleistungskollektiven, Verkehrswegen, Kraftwerken, Verteilungszentren und vielem mehr. Damit ein effizientes16 und gerechtes Zusammenspiel aller Teile dieses Netzwerkes entstehen kann, braucht es aufeinander abgestimmte Strukturen. [Siehe Programmteil Arbeit 1.4 Räte und Programmteil Selbstverwaltung 1.3 Konföderalismus]
1.4 Räte
Um die Produktion, Dienstleistungen und ihre Verteilung zu gewährleisten, braucht es bestimmte Institutionen, um ihr Zusammenspiel zu koordinieren und Statistiken über Produktion, Konsum, Ressourcen und Kapazitäten zu sammeln. Diese können einen Überblick behalten, langfristig planen, sowie ansprechbar und kritisierbar sein.
Gleichzeitig ist die Gefahr von zentralen Institutionen, dass sich bürokratische, staatsähnliche, von den Lebensrealitäten der Mehrheit entfernte Instrumente der Herrschaft herausbilden. Deswegen braucht es grundlegende Mechanismen, die Machtsanhäufung verhindern und demokratische Kontrolle herstellen. [Siehe Programmteil Selbstverwaltung 1.1 Grundprinzipien der Selbstverwaltung.]
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- A. Arbeitsräte: entscheiden am jeweiligen Arbeitsplatz darüber, wie und wann gearbeitet wird, wie Aufgaben verteilt und Abläufe aufeinander abgestimmt werden. Sie vermitteln zwischen den verschiedenen Bedürfnissen der Arbeiter*innen. Sie werden aus Delegierten des Bereiches gebildet, für den sie verantwortlich sind und ihre Mitglieder nehmen gleichberechtigt am Arbeitsalltag teil.
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- A1. Branchenkonföderationen: Bilden sich aus Delegierten verschiedener Betriebe einer Branche (z.B. Gesundheit, ÖPNV, Landwirtschaft, Bauwesen). So wird Zusammenarbeit erleichtert und gefördert und Konkurrenz vermieden. Aufträge werden je nach Kapazitäten verteilt.
- A2. Arbeitskonföderationen: Bilden sich aus Delegierten der Branchenkonföderation, um die verschiedenen Arbeitsbereiche aufeinander abzustimmen (z.B. komplexe Produktionsketten, einzelne Branchen) und Produktion, Reproduktion und Dienstleistungen so zu koordinieren, dass die Bedürfnisse der Gemeinschaft erfüllt werden können.
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- B. Konsumräte: Erfassen die Bedürfnisse der Gemeinschaft nach Waren und Dienstleistungen und werden aus Delegierten aller Lebensbereiche (z.B. FLINTA*, Kommune, Betrieb, Wohneinheit) gebildet. Sie folgen dem Bottom-Up-Modell, kommunal – regional – überregional [Siehe Programmteil Selbstverwaltung 1. Langfristig] und sind auf kommunaler Ebene an Nachbarschaftsstrukturen angegliedert.17
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- B1. Angebot und Nachfrage: Es wird ebenfalls entschieden, ab wann Bedürfnisse ein Angebot zur Folge haben. Gegebenenfalls können sie Angebote schaffen, die einer „zu kleinen“ oder nicht konkreten Nachfrage beziehungsweise einem Bedürfnis entsprechen (z.B. Beratungsangebote, Impfungen).18
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- C. Koordinationsräte vermitteln zwischen Arbeitskonföderationen und überregionalen Konsumkonföderationen. Das heißt, sie stimmen die kommunizierten Bedarfe mit den existierenden Angeboten ab und koordinieren z.B. die Verteilung. Dabei können sie auch fehlende Kapazitäten erfassen und der Arbeitskonföderation neue Ressourcen oder Arbeitskräfte zur Verfügung stellen. Das kann auch bedeuten, dass sie z.B. Bildungsräten den Bedarf nach bestimmten Ausbildungsplätzen weitergeben. Koordinationsräte bilden sich aus befähigten und interessierten Individuen sowie Delegierten der verschiedenen Arbeits- und Lebensbereiche.
- A. Arbeitsräte: entscheiden am jeweiligen Arbeitsplatz darüber, wie und wann gearbeitet wird, wie Aufgaben verteilt und Abläufe aufeinander abgestimmt werden. Sie vermitteln zwischen den verschiedenen Bedürfnissen der Arbeiter*innen. Sie werden aus Delegierten des Bereiches gebildet, für den sie verantwortlich sind und ihre Mitglieder nehmen gleichberechtigt am Arbeitsalltag teil.
Die Räte funktionieren entlang folgender Prinzipien:
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- D. Mitglieder der Räte werden von der Basis gewählt. Ein Arbeitsrat von den Arbeiter*innen des Betriebes, ein Konsumrat von den Einwohner*innen der Region, die er vertritt. Ihre Arbeit ist befristet, sie handeln mit imperativem Mandat und sind jederzeit absetzbar, wenn sie diesem nicht gerecht werden.[Siehe Programmteil Selbstverwaltung 1.1 D]
- E. Räte haben keine Entscheidungsmacht über Fragen, die sie nicht direkt betreffen. Z.B. entscheidet ein Koordinationsrat nicht darüber, wie eine Arbeit ausgeführt wird (das macht der Arbeitsrat selber), kann aber über das Ergebnis mitentscheiden, weil es je nach Produkt oder Dienstleistung andere Teile der Gesellschaft betrifft.
- F. Verantwortlichkeit und Verlässlichkeit ist je nach Komplexität des Produktionsprozesses oder der Abhängigkeit anderer Menschen von einer Arbeit notwendig – sowohl individuell als auch kollektiv.
- G. Bei sich widersprechenden Positionen und Bedürfnissen haben die Räte untereinander die Verantwortlichkeit, lösungsorientiert Kompromisse zu finden.
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- G1. Bei Eskalation der Interessenskonflikte können die Gerechtigkeitsstrukturen angesprochen werden um zu vermitteln [Siehe Programmteil Gerechtigkeit].
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- H. Einsatz sinnvoller Technologien ist gerade bei der Erfassung und Verarbeitung von Daten über Konsum, Produktion, Reproduktion und Dienstleistungen unerlässlich.19
Beispiel
Weil die klassenlose Gesellschaft auf freier Assoziation und freier Initiative basiert – die ‚Freiheit um‘ – ist es wichtig, dass diese gewährleistet sind. In der befreiten Gesellschaft sollen Menschen selber entscheiden können, welche Ausbildung und Arbeit sie machen. Dieses Beispiel soll einen Eindruck geben, wie Wirtschaft (Nachfrage und Angebot) in einer anarchistischen Gesellschaft funktionieren kann und wie die vorgeschlagenen Institutionen zusammenarbeiten können.
In den Kommunen wird über die Konsum- und Koordinationsräte festgestellt, was die Nachfrage nach bestimmten Berufen, Produkten oder Dienstleistungen ist und welche Prognosen es dazu gibt. Hieraus kann für das Bildungssystem festgestellt werden, wie viele Ausbildungsplätze in welchem Sektor gebraucht werden, damit die Stellen gefüllt werden können und Menschen ihre gelernten Fähigkeiten auch tatsächlich einsetzen können. Für Produktion und Dienstleistungen kann das ähnlich funktionieren. Die Konsumräte stellen fest, was die Nachfrage ist, die Koordinationsräte tragen diese Informationen (über)regional mit den ständigen Informationen über die Produktion und zur Verfügung stehenden Dienstleistungen zusammen. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Arbeitskonföderation, um Anpassungen von Produktion und Dienstleistungen zu koordinieren. Sie holt sich über die Arbeitsräte (aus denen sie gebildet wird) Informationen darüber, was geleistet werden kann, wo Engpässe drohen oder Überproduktion entstehen kann. Die Arbeitsräte teilen mit, ob sie die neue Nachfrage erfüllen können und was sie dafür brauchen.
Es kann auch sein, dass es neue Industrien oder Dienstleistungen braucht, weil eine Nachfrage nicht erfüllt werden kann oder es neue Entwicklungen gibt. Hierfür können von den Koordinationsräten freie ‚Stellen‘ vorgeschlagen werden, wofür Ressourcen von der Gesellschaft zu Verfügung gestellt werden und worauf Menschen sich mit Projektvorschlägen bewerben können.
Auch jetzt funktioniert das eigentlich ungefähr so – mit dem großen Unterschied, dass die heutige „freie“ Marktwirtschaft Profit- statt bedürfnisorientiert ist und auf Konkurrenz statt Zusammenarbeit basiert. Jemand hat eine Idee zu der Gründung eines eigenen Unternehmens und geht zur Bank. Dort braucht man, um Ressourcen (meistens in Form eines Kredits) zu bekommen, einen Businessplan, der von der Bank genehmigt werden muss. Die Bank kann die Gründung aber genauso ablehnen, wenn sie meint, dass sie nicht genug Profit bringt, sich nicht vermarkten lässt oder zu riskant ist. In der befreiten Gesellschaft wird es aber keine Banken mehr geben. Um neue Initiativen zu gründen, macht man Anspruch an die Ressourcen der Gemeinschaft geltend, die aber mit ähnlichen Verfahren abchecken kann, ob die Initiative der Nachfrage, den Bedürfnissen und vorhandenen Ressourcen entspricht. Wenn es eine Nachfrage nach Bäckereien gibt, wird festgestellt, wie viele es braucht und wo. Dementsprechend werden dafür Ressourcen zu Verfügung gestellt (oder nicht). Ebenso kann es mit komplexeren Produktionsketten oder mit Forschung funktionieren.
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[Siehe auch Grafik, die das Funktionieren und die Beziehungen der unterschiedlichen Räte sichtbar macht. Auch gibt es einige interessante historische Beispiele, z.B. in Abad de Santiláns Ökonomie und Revolution (1936) sind einige Schemas aufgenommen, wie auch in Gieles Arbeiderszelfbestuur in Spanje (1975)]
1.5 Technik und Technologie
Für welche Zwecke Technik entwickelt und wie sie eingesetzt wird und wozu Wissenschaft und Forschung dienen, ist geprägt von den gesellschaftlichen Umständen – ob Kapitalismus oder befreite Gesellschaft. Die heutige Gesellschaft steht einem Widerspruch gegenüber: Auf der einen Seite steht das riesige Potential, das die Möglichkeiten der Automatisierung für die Erleichterung von Arbeitsbedingungen birgt. Auf der anderen Seite gibt es die Notwendigkeit der Ausbeutung von Arbeitskraft im Kapitalismus, welche dieses Potential vor allem zur gesteigerten Überwachung, Ausbeutung und Entfremdung von Arbeiter*innen nutzt. Technologie (die Wissenschaft der Technik) kann also als Instrument der Herrschaft genauso gut, wie als Werkzeug für Befreiung eingesetzt werden. Entscheidend ist, wie wir sie anwenden und weiterentwickeln – das soll entlang folgender Grundprinzipien geschehen:
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- A. Nachhaltiger und verantwortungsvoller Umgang: Technik und Technologie stehen in Beziehung zur Gesellschaft und Umwelt und sollen dementsprechend die gesellschaftlichen Werte und Interessen widerspiegeln. Darunter fällt ein positiver Bezug zum Arbeitsprozess, freie Initiative und eigenständiges Denken (statt z.B. Entfremdung und Bürokratie), Transparenz und Schutz personenbezogener Daten sowie ökologische Nachhaltigkeit. [Siehe Programmteil Selbstverwaltung]
- B. Creative Commons und Open Source: Genauso wie Produktionsmittel Kollektivbesitz sind, soll auch Technologie und Wissen (z.B. Baupläne, Herstellungsverfahren von Medikamenten, Software-Code) für alle frei zugänglich und weiter entwickelbar sein und somit der gesamten Menschheit dienen.
- C. Technik als Ersatz, Ergänzung oder zur Erleichterung der Arbeit: Wo möglich sollen neue Produktionsweisen und technologische Fortschritte eingesetzt werden; solange sie in Einklang sind mit Punkt 1.5 A.
- D. Informationsaustausch und Planung: moderne Datenfassung (BigData) ermöglicht die Erfassung von Informationen zu Konsum, Produktion und Dienstleistungen und kann damit die Planung und Koordination durch die Räte (siehe 1.4 C) unterstützen; solange sie in Einklang sind mit Punkt 1.5 A.
2. Übergangsphase
Gerade haben wir beschrieben, wie wir uns die Organisation von Produktion und Arbeit in einer befreiten Gesellschaft vorstellen. Doch wenn wir von der Basis der heutigen, kapitalistisch-staatlich organisierten Gesellschaft und Produktionsweise ausgehen, begegnen wir in der Übergangsphase vielen Widersprüchen und offenen Fragen, auf die wir Antworten finden müssen.
2.1 Schlüsselbereiche
Damit im Falle eines Umsturzes nicht die Versorgung zusammenbricht, gilt es jene Bereiche der Arbeit und Produktion zu identifizieren, die die Menschen mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen versorgen. Hier sind vor allem die Nahrungsmittel und Gesundheitsversorgung, das Transport- und Lagerwesen, die Energieversorgung und die Trink- und Abwasserversorgung zu nennen. Dabei sind unter anderem folgende Fragen wichtig, deren Antworten einen Überblick über die Lage und die Möglichkeiten der revolutionären Gesellschaft geben.
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- A. Lokale Infrastruktur: Wo befinden sich die wichtigen Betriebe, Verteilungszentren und Knotenpunkte? Wie viele und welche Menschen arbeiten dort und unter welchen Bedingungen?
- B. Klassenverhältnisse und Kapitalverteilung: Wie ist die Klassenzusammensetzung in der Gesellschaft im Allgemeinen (Anteil von Arbeiter*innen, Selbstständigen, Kleinunternehmer*innen, Erwerbslosen, Bäuer*innen, Saisonarbeiter*innen etc.)? Wie ist das Kapital in dieser Gesellschaft verteilt?
- C. Reproduktionsarbeit: Um sie als gleichwertige Arbeit anzuerkennen, müsste sie in einer Zeit, wo die Arbeitszeitrechnung noch auf Geld basiert, entschädigt werden. Welche Konsequenzen hat das für die Produktionssphäre, die heute komplett von unbezahlter Reproduktionsarbeit abhängig ist?20 Welche Potentiale werden durch diese Veränderung freigesetzt und welche Rolle können sie beim Aufbau der befreiten Gesellschaft spielen? (siehe auch Punkt 2.5 A3) Um die heutige geschlechtsspezifische Ungleichverteilung von Reproduktionsarbeit zu überwinden, braucht es zusätzliche Bildungsarbeit und Bewusstseinsentwicklung.
- D. Analyse kapitalistischer Abhängigkeiten: Was wären die direkten Konsequenzen für die Wirtschaft, wenn plötzlich Import und Export sowie eine Produktions- und Arbeitsweise, die auf Ausbeutung von Menschen und Natur beruht, gestoppt werden? Wie kann eine Vorbereitung aussehen um Notlagen in breiten Teilen der Gesellschaft zu verhindern?
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- D1. Abhängigkeiten von anderen kapitalistischen Staaten: Zu welchem Anteil ist die Gesellschaft von Importen und Exporten abhängig? Wie werden diese Importe finanziert und welche Handelsbeziehungen (und -Abhängigkeiten) gibt es?
- D2. Handel mit kapitalistischen Staaten: Wie sieht der Anschluss einer libertären Wirtschaft an den internationalen Warenmarkt aus? Inwiefern kann sich eine libertäre Wirtschaft von dem internationalen Warenmarkt abkoppeln? Hier kann von Erfahrungen aus der Geschichte gelernt werden21;
- D3. Handel mit Verbündeten: Besteht die Möglichkeit bestimmte Ressourcen aus verbündeten revolutionären Gebieten zu beziehen anstatt aus kapitalistischen Staaten?
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2.2 Technik und Technologie
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- A. Automatisierung und Technologietransfer: Welche Bereiche der Produktion sind bereits relativ umfassend automatisiert? Wie kann ein Technologietransfer in andere Schlüsselbereiche aussehen?
- B. Notwendigkeit und Aufgaben von Technologien: Welche Technologien sollen behalten werden, welche verändert, und welche werden überflüssig oder sind nicht erwünscht? Was genau muss daran verändert werden, damit sie im Sinne der gesamten Gesellschaft und auf Grundlage von solidarischen Grundwerten (siehe Langfristig 1.5) eingesetzt werden?
- C. Abhängigkeiten von globalen Produktionsketten: Technologie ist meist an internationale Lieferketten und seltene Rohstoffe gebunden, die nicht lokal verfügbar sind. Revolutionäre Gebiete sind oft mit wirtschaftlichen Blockaden (Sanktionen) konfrontiert, wodurch diese Lieferketten durchbrochen werden. Wie kann ein Umgang mit einem Mangel an notwendigen Ressourcen22 aussehen? [Siehe 2.1 D]
- D. Nachhaltige Technologie: Welche Rolle können kreative Lösungen spielen um effektiv mit Ressourcen umzugehen, z.B. Recycling, effizientes Design etc.?
2.3 Stadt und Land
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- A. Gegenseitige Abhängigkeiten: Wo ist die Gesellschaft in der Stadt von der auf dem Land abhängig und wo andersrum? Ist das Verhältnis ausgeglichen und wie wirkt es sich auf die Beziehung zwischen Land und Stadt aus?
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- A1. Aufbau solidarischer Beziehungen: Wie kann ein solidarischer Austausch von Waren und Arbeitskraft zwischen städtischen und ländlichen Räumen aufgebaut werden?
- A2. Stärkung lokaler Autonomie: Wie können städtische Räume so umgestaltet werden, dass zumindest ein Teil der notwendigen Nahrungsmittel und Energie lokal erzeugt werden kann? In welchem Ausmaß ist ein Ausbau von Infrastruktur (z.B. Schulen, ÖPNV, Krankenhäuser) auf dem Land notwendig und sinnvoll, um die Abhängigkeiten zu städtischen Zentren zu reduzieren?
- A3. Die Versorgung der (städtischen) Bevölkerung mit u.a. Nahrungsmitteln und Energie basiert im Kapitalismus auf einer Industrialisierung der Landwirtschaft und Viehzucht. Wie können diesen oft miserablen Arbeitsbedingungen, extrem hoher Umweltbelastung und unfassbarer Tierquälerei ein Ende gesetzt werden?
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- B. Ökologische Landwirtschaft: Wie kann diese in großem Maßstab umgesetzt werden, ohne dass es zu einem übermäßigen Verlust von Ernteerträgen etc. kommt? Bis zu welchem Punkt bleiben Zentralisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft notwendig um die gesamte Gesellschaft versorgen zu können?
- C. Renaturierung: Um den menschengemachten Klimawandel und diverse andere existenzbedrohende Folgen der kapitalistischen Zivilisation abzumildern und so weit wie möglich rückgängig zu machen, muss soziale Revolution auch bedeuten, die Basis einer ökologischen Lebensweise zu schaffen.
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- C1. Umsetzung: Welchen Umfang werden die Arbeiten an der Renaturierung unser Umwelt und des Planeten haben? Welche Rolle können neue nachhaltige Technologien hierbei spielen (und welche nicht)?
- C2. Folgen: Wie viel Effizienz, wie viel Komfort sind wir bereit, dafür kurz- bis mittelfristig aufzugeben? Langfristig wird unsere Lebensqualität dadurch erhöht.
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- A. Gegenseitige Abhängigkeiten: Wo ist die Gesellschaft in der Stadt von der auf dem Land abhängig und wo andersrum? Ist das Verhältnis ausgeglichen und wie wirkt es sich auf die Beziehung zwischen Land und Stadt aus?
2.5 Aufbau der befreiten Gesellschaft & Verbreitung der Revolution
Die oben beschriebenen Aufgaben und Schwierigkeiten werden auch Anstrengung und Kraftaufwand erfordern. Innerhalb einer bedarfsorientierten Produktionsweise (siehe Langfristig) wird es zu einer erheblichen Verkürzung der notwendigen Zeit für gesellschaftlich relevante Arbeiten kommen. Aber um dahin zu kommen sind einige Schritte notwendig:
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- A. Schaffung materieller Grundlagen für die klassenlose Gesellschaft: die ungleichen materiellen Verhältnisse sind eine der wichtigsten Fundamente für den Kapitalismus. Diese grundlegend zu verändern ist eine Voraussetzung für den Aufbau der neuen Gesellschaft.
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- A1. Umverteilen und Kollektivieren: Die endgültige Abschaffung des Privateigentums kann in dieser Phase, in der es nicht mehr durch kapitalistische Gesetze aufrecht erhalten wird, von der Gesellschaft gemeinsam umgesetzt werden. Um dem individuellen Bereicherungswillen entgegenzutreten brauchen wir gesellschaftliche Strukturen die diesen Prozess begleiten und koordinieren – diese müssen heute schon aufgebaut werden.[Siehe 3.1 A und B und Programmteil Selbstverwaltung 3.1 C]
- A2. Bullshit Jobs abschaffen: Einige Aufgabenbereiche können schon heute ohne bedeutende Konsequezen gestrichen werden. Andere Jobs, die z.B. für die in einer klassenlosen Gesellschaft größtenteils unnötige Bürokratie zuständig sind oder im Bankenwesen, werden während der Übergangsphase überflüssig. Wenn also die Gesamtarbeitszeit, die für die Aufrechterhaltung der Gesellschaft notwendig ist, verkürzt wird, verkürzt sich bei solidarischer Aufteilung langfristig auch die individuelle Arbeitszeit.23
- A3. Gleichberechtigte Arbeitszeitrechnung unabhängig von Geld: Langfristig soll Lohnarbeit vollständig abgeschafft werden. Das heißt eine Erfassung der Arbeitszeit wird überflüssig. In einer Übergangsphase kann es aber aufgrund unserer Sozialisierung im Kapitalismus noch notwendig sein, Arbeit direkt zu entschädigen. So kann eine Balance geschaffen werden, zwischen dem was die Gesellschaft produziert und verbraucht. Eine Möglichkeit das so umzusetzen, ist den Wert von Produkten in Arbeitsstunden und -aufwand zu rechnen.((The Spanish Civil War – Episode 5: Inside The Revolution (52 min), Granada Color Production 1983; 8:03 min, Eduardo Pons Prades (Anarchist Youth) erzählt über die Erfahrungen während der spanischen Revolution und wie Arbeit in unterschiedlichen Arbeitsbereichen gleich bewertet wurde.)) Dadurch können unterschiedliche Arbeiten (inklusive Reproduktionsarbeit) gleichberechtigt bewertet und anerkannt werden und gleichzeitig kommen wir der Abschaffung des Geldes näher.
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- B. Entwicklung von Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft: Nach einem Umsturz der kapitalistischen Gesellschaft werden die Menschen die Werte des Kapitalismus noch in sich tragen. Daher ist hier die Entwicklung eines neuen Verhältnisses zu Arbeit und Konsum besonders wichtig. Die Bedürfnisse aller zu erfüllen kann nur funktionieren, wenn genügend Menschen dazu beitragen. Damit sämtliche notwendige Arbeiten aus Verantwortlichkeit gegenüber der Gesellschaft und individuellem Interesse geleistet werden [Siehe Programmteil Selbstverwaltung 1.1B. Selbstbestimmung des Individuums], muss die neue Gesellschaft ihre Mitglieder mit allem versorgen, was sie brauchen und glücklich macht.
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- B1. Bewusstsein für gesellschaftlichen Reichtum: Wie können Arten des Reichtums abseits der Anhäufung von Kapital (z.B. emotionalem, sozialem, kreativem, organisatorischem Reichtum) wieder besser erlernt und zurück ins kollektive Bewusstsein geholt werden?
- B2. Veränderung zwischenmenschlicher Beziehungen: Welchen Einfluss hat es auf eine Gemeinschaft, wenn Konkurrenz, Besitzdenken, und Konsum-Identiät keine Rolle mehr spielen?
- B3. Veränderung unserer Beziehung zu Arbeit: Wie können Kreativität, Selbstbestimmung, Verantwortung und Leidenschaft von Anfang an im Reproduktions- und Produktionsprozess sowie in den Selbstverwaltungsstrukturen gelebt werden?
- B4. Solidarisches Bewusstsein entwickeln: Ein Leben der Selbstverwirklichung und freien Kooperation, in dem Menschen autonom entscheiden statt durch äußere Zwänge, setzt ein hohes Maß an Konfliktfähigkeit, Empathie, Selbstbewusstsein und Geduld voraus.
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- C. Territoriale Verbreitung der Revolution: Es ist unwahrscheinlich, dass der gesamte Planet auf einen Schlag vom Kapitalismus befreit wird, weil sich die lokalen Voraussetzungen stark unterscheiden. Dazu kommt die hohe Wahrscheinlichkeit eines Konfliktes mit Kräften, die der befreiten Gesellschaft entgegen stehen. Daher ist es notwendig, dass sich verschiedene revolutionäre Territorien und Kämpfe gegenseitig unterstützen – materiell, durch Wissen und Erfahrungsaustausch und durch gemeinsame Selbstverteidigung.
- A. Schaffung materieller Grundlagen für die klassenlose Gesellschaft: die ungleichen materiellen Verhältnisse sind eine der wichtigsten Fundamente für den Kapitalismus. Diese grundlegend zu verändern ist eine Voraussetzung für den Aufbau der neuen Gesellschaft.
3. Kurzfristig
3.1 Gegenmacht
Welche Strukturen können wir selber, als lohnabhängige Klasse, aufbauen? Welche Kämpfe wollen wir führen? [Siehe Einleitungstext zum Programm, „Was tun? – Soziale Revolution, Gegenmacht, Reformen“]
Arbeitskämpfe
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- A. Aufbau unabhängiger Basisgewerkschaften24: Menschen, die arbeiten, können am besten selbst ihre Interessen vertreten.2526 Daher sollen sie als Mitglieder der Basisgewerkschaft diese selbst verwalten und mittelfristig Selbstverwaltung am Arbeitsplatz durchsetzen. Ein gutes Beispiel für unabhängige Gewerkschaften ist die Freie Arbeiter*innenunion (FAU).
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- A1. Bund verschiedener Basisgewerkschaften: Dieser kann die gemeinsamen Interessen unterschiedlicher Arbeitsbereiche hervorheben und gesellschaftliche Zusammenhänge sichtbar machen und herstellen. Dadurch kann sektorenübergreifende Organisation beispielsweise von Generalstreiks gefördert werden. Sie verhindern auch, dass die Interessen von Arbeiter*innen gegeneinander ausgespielt werden. Vereint sind wir stärker als vereinzelt.
- A2. Selbstorganisierte Soli-Fonds: werden von den Basisgewerkschaften verwaltet um Arbeitskämpfe zu ermöglichen. Sie können konkret für folgende Zwecke benutzt werden:
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- Streikkasse, um Arbeiter*innen, die selbstorganisiert streiken wollen, mehr materielle Sicherheit zu geben.
- Umverteilung von Menschen, die arbeiten können, zu denen, die es nicht (mehr) können (ähnlich einer selbstorganisierten Renten- oder Pflegeversicherung).
- Umverteilung von Menschen, die mehr verdienen, zu denen, die weniger verdienen (obwohl ihre Arbeit mindestens gleich relevant für die Gesellschaft ist).
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- A3. Die Basisgewerkschaften sind die Kampforganisationen der lohnabhängigen Klasse, mit welchen sie ihre Interessen gegenüber der besitzenden Klasse verteidigen und durchsetzen und damit auch die Kapitalverhältnisse ändern können.27 Sie sollen eine sozialrevolutionäre und emanzipatorische Ausrichtung haben.
- A4. Basisgewerkschaft als ein Keim der sozialen Revolution: Die Organisationsform dieser Gewerkschaften soll sich an der Organisationsweise der Sozialen Revolution orientieren. So können die Mitglieder heute schon Erfahrungen damit sammeln, sowie wichtige Fähigkeiten und Werte erlernen (z.B. selbstorganisiertes und gemeinschaftliches Arbeiten, das Einstehen für gemeinsame Interessen, kollektive Entscheidungsprozesse, gegenseitige Hilfe).
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- B. Selbstorganisation an Arbeitsplätzen bis hin zur Selbstverwaltung. Dazu gehört:
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- B1. Am Arbeitsplatz Verbindungen zueinander aufbauen: so kann sich ein Bewusstsein über die gemeinsamen Interessen als Arbeiter*innen entwickeln. Dazu gehört, (in)formelle Machtunterschiede zwischen Angestellten, die auf unterschiedlichem Gehalt oder Ausbildung basieren, abzubauen. Wo Vereinzelung und Konkurrenzdenken die Verbindungen schwächen, sind ein starkes Gemeinschaftsgefühl und solidarisches Verhalten wichtige Voraussetzungen für weitere Organisierung.
- B2. Selbstverwaltete Strukturen am Arbeitsplatz aufbauen: diese sollen gemeinsame Interessen der Arbeiter*innen durchsetzen und Räume für Austausch schaffen. Das können z.B. Arbeitsräte ohne Beteiligung der Managementebenen sein, die mit einem imperativen Mandat von Vollversammlungen an Betrieben arbeiten. [Siehe auch 3.1 C]
- B3. Für gemeinsame Interessen am Arbeitsplatz einstehen: sei es für bessere Arbeitsbedingungen (wie z.B. betrieblicher Gesundheitsschutz, Gleichstellungsfragen28, Zugänge, Arbeitszeiten, Entlohnung usw.) oder wenn möglich sofort Kollektivierung und Selbstverwaltung. [Siehe 3.1 B5] Die Kampfmittel hierfür sind vielfach – von Walkout oder Streik bis Besetzung und Sabotage.
- B4. Vernetzung organisierter Betriebe miteinander und mit solidarischen Strukturen: z.B. über die Basisgewerkschaften. [Siehe 3.1 A2]
- B5. Betriebe kollektivieren und selbstverwalten: in manchen Arbeitskämpfen und Konflikten ist das Kollektivieren des Betriebs die einzige Möglichkeit, um die Schließung, und somit den Verlust vieler Existenzgrundlagen, zu verhindern. Dabei werden wichtige Erfahrungen der Arbeiter*innenselbstverwaltung gemacht und es entfalten sich für die Gesellschaft anhand konkreter Beispiele neue Perspektiven für Arbeit, Verteilung und Zusammenleben.
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- C. Betriebsräte: Strategische Potentiale und Gefahren. Es kann von strategischer Bedeutung sein, Betriebsräte aufzubauen oder mit ihnen zusammen zu arbeiten, z.B. wenn sie nah an der Belegschaft sind und funktionieren wie in 3.1 B2. In der Regel sind sie aber gefangen in einem rechtlichen Rahmen und haben dadurch nur begrenzte Druckmittel. Außerdem können sie neue Hierarchien und Privilegien am Arbeitsplatz schaffen. Häufig sind auch Teile der Geschäftsführung im Betriebsrat vertreten, wodurch dieser ein Instrument für Befriedung wird und eine Scheinbeteiligung hergestellt wird. Somit können sie revolutionären Zielen komplett entgegenstehen.29
- D. Kollektivbetriebe als Teil der Bewegung stärken und vernetzen: Besonderes Potential liegt bei kollektivierten Betrieben oder Kooperativen, die aus den Bedürfnissen gesellschaftlicher Bewegungen und Kämpfe heraus entstehen und sich in direktem (materiellem) Austausch befinden. [Siehe 3.1 B5]30 Die Stärke kann genau darin liegen Klassenkampf und den Aufbau eigener Infrastruktur miteinander zu verbinden und damit eine Strategie der dualen Macht werden.31 Kollektivbetriebe, die davon losgelöst sind, drehen sich aber schnell nur noch um den eigenen Erhalt und laufen Gefahr deswegen Klassenkonflikte zu vermeiden und reformistisch zu werden.32 Außerdem sind sie oft wenig zugänglich, da eine Voraussetzung genug Eigenkapital sein kann.
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- D1. Wie können die Zwänge der kapitalistischen Marktwirtschaft überwunden werden? Kollektivbetriebe stehen oft dem Dilemma gegenüber, entweder genauso schlechte Löhne zu bezahlen wie kapitalistische Unternehmen, oder ihre Produkte so teuer verkaufen zu müssen, dass sie als Luxus nur für wohlhabende Teile der Gesellschaft zugänglich sind.
- D2. Gesellschaftliche Projekte solidarischer Ökonomie, die versuchen die kapitalistische Logik zu umgehen und sich mit dem breiteren Kampf gegen den Kapitalismus verbinden: Es gibt eine lange Reihe solcher Projekte, wie Zeitbanken33, Solidarische Landwirtschaft, Tausch-/Verschenkenetzwerke34, Umsonstläden, spenden-basierte Essensausgaben, Open-Source und Creative Commons Techprojekte wie FabLabs35, Repair-Cafés36 usw.
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- A. Aufbau unabhängiger Basisgewerkschaften24: Menschen, die arbeiten, können am besten selbst ihre Interessen vertreten.2526 Daher sollen sie als Mitglieder der Basisgewerkschaft diese selbst verwalten und mittelfristig Selbstverwaltung am Arbeitsplatz durchsetzen. Ein gutes Beispiel für unabhängige Gewerkschaften ist die Freie Arbeiter*innenunion (FAU).
3.2 Reformen
Welche Reformen wollen wir vom Staat und anderen Institutionen erkämpfen um die Voraussetzungen für die Soziale Revolution zu verbessern?
Löhne, Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen
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- A. Bedingungslose Arbeitserlaubnis für alle: Recht auf sozialversichterungspflichtige Jobs mit Arbeitsvertrag, unabhängig z.B. von Aufenthaltsstatus, da Menschen andernfalls oft in sehr prekäre Arbeitsverhältnisse gedrängt werden.
- B. Gleiche Löhne für gleiche Arbeit: die Ungleichheit der Löhne und Arbeitsbedingungen für FLINTAs gegenüber Cis-Männern, oder im Osten gegenüber dem Westen der BRD, genauso wie die Überausbeutung von Saisonarbeiter*innen sowie migrantischen, geflüchteten, behinderten und gefangenen Menschen, soll sofort beendet werden.
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- B1. Anerkennung von Reproduktionsarbeit als gleichwertige Arbeit und dementsprechende Entlohnung und Altersabsicherung.
- B2. Würdige Löhne für alle: Löhne müssen regelmäßig den realen Lebenskosten (bzw. der Inflation) angepasst werden37. Das ist möglich dadurch, dass Arbeiter*innen mehr von den Profiten bekommen, die sie mit ihrer Arbeitskraft schaffen38, sowie durch eine Angleichung der Löhne (manche Menschen verdienen in einem Monat das, was andere in einem Jahr verdienen) und der Reduzierung von Bullshit Jobs.39
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- C. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich40: Menschen sollen mehr Zeit haben um Reproduktionsaufgaben zu erledigen, sich auszuruhen und in die Gesellschaft einbringen zu können.
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- C1. Genug Zeit für gute, nachhaltige Arbeit: wenn mehr Zeit für Arbeitsschritte eingeplant wird und mehr Personal da ist, wird die Arbeit angenehmer und dadurch die Qualität besser41. Außerdem gibt es weniger Arbeitsunfälle und Burnouts.42
- C2. Uneingeschränktes Recht auf Teilzeit in allen Berufsfeldern. Ermöglicht u.a. eine gerechtere Aufteilung von Hausarbeit und Kindererziehung.
- C3. Ein Recht auf bezahlten Urlaub für Alle: egal ob (Schein-)selbständige, Honorarkräfte, Mini-Jobber*innen, Zeitarbeiter*innen oder andere.43
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- D. Kosten zur Ermöglichung der Arbeit liegen bei Arbeitgeber*innen: sie müssen für die Fahrtkosten zum und der Verpflegung am Arbeitsplatz aufkommen. Dabei sollen klimafreundliche Mittel bevorzugt werden (z.B. öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt oder Fahrrad bei kurzem Weg).
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- D1. Fahrtwege und Pausenzeit sind bezahlte Arbeitszeit. Diese Zeit dient der Arbeit und Produktivität und steht nicht frei zur Verfügung.
- D2. Arbeitsmittel müssen von Arbeitgeber*innen bezahlt werden: z.B. Arbeitskleidung, Werkzeug, Büroartikel, Fahrzeuge und Reparatur davon.
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- E. Würdige und lebenswerte Grundrente für alle: Menschen, die heute gezwungen sind für Mindestlohn zu arbeiten oder unbezahlte Reproduktionsarbeit machen, sollen nicht auch noch im Alter oder im Fall von frühzeitiger Arbeitsunfähigkeit benachteiligt werden, indem sie z.B. auf Grundsicherung[Quelle] angewiesen sind. Durch eine gleiche Grundrente für alle, die an reale Lebenskosten geknüpft ist, sowie einem fairen Renteneintrittsalter soll allen ein gerechter Lebensabend ermöglicht und Altersarmut verhindert werden. Dadurch, dass Menschen früher in Rente gehen können, werden u.a. mehr Arbeitsplätze frei, was jungen Menschen höhere Jobchancen bringt. Hieraus entsteht auch eine bessere Arbeitsverteilung.
- F. Recht auf sektorenübergreifende, politische und wilde Streiks44 : Es soll bei Arbeiter*innen selbst liegen zu entscheiden, wie sie für ihre Interessen einstehen, wann und wieso sie ihre Arbeit unterbrechen und mit wem sie sich solidarisch erklären – nicht bei irgend einer Gewerkschaftsführung oder bei einem Gericht. Dazu gehört:
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- F1. Entlassungsschutz bei jeder Form des Streiks. Politscher Streik, Streik von Beamt*innen und der sogenannte „verbandslose Streik“ sind in Deutschland verboten. Dabei ist das Streikrecht ein Menschenrecht, das allen Arbeiter*innen in vollem Umfang zur Verfügung stehen muss.4546
- F2. Abschaffung der Friedenspflicht und Sozialpartnerschaft: Umstände ändern sich und sorgen manchmal dafür, dass vorherige Abkommen unzureichend werden. Die Friedenspflicht verhindert, die Arbeitsbedingungen stetig der Realität anzupassen.47 Die Sozialpartnerschaft spielt uns vor, dass die lohnabhängige und die besitzende Klasse gleiche Interessen haben, obwohl sie eigentlich in fundamentalem Widerspruch zueinander stehen.4849
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Genderfragen, Be_hinderung und Zugänge50
Gender bestimmt und strukturiert weiterhin gesellschaftliche Verhältnisse. Genauso verhält es sich mit Leistungsdenken und der Vorstellung eines vermeintlich produktiven, gesunden, der ‚Norm‘ entsprechenden Körpers (Ableismus51). Daher bestimmen diskriminierende Strukturen und Clichés über Geschlechter, Behinderung und chronische Erkrankungen oft, welche Berufe Menschen ergreifen und wie Arbeitsplätze gestaltet sind.
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- G. Jobwahl unabhängig von zugeschriebenen Fähigkeiten ermöglichen: schon früh im Leben wird einem beigebracht, bestimmte Berufe Rollenbildern zuzuordnen und sich an vermeintlichen Fähigkeiten zu messen. Diese Faktoren prägen, was Menschen sich zutrauen. Gleichzeitig werden Arbeitsplätze durch ihre Gestaltung und normierte Anpassung an bestimmte Körper nicht für alle zugänglich gemacht. Deswegen gibt es z.B. immer noch mehr Männer in handwerklichen und technischen Berufen und mehr FLINTAs im Erziehungsbereich.
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- G1. Arbeitsplätze und Arbeitsmittel gendergerecht gestalten: z.B. soll es in handwerklichen Betrieben gleich zugängliche Umkleiden und Toiletten für alle Geschlechter geben und Arbeitskleidung in passenden Größen zur Verfügung gestellt werden.
- G2. Den sogenannten Zweiten Arbeitsmarkt abschaffen: Dieses System teilt Menschen in zwei Kategorien ein – entweder sie gelten als produktiv oder als Belastung.52 Es ist aber kein Entweder-Oder, welche (körperlichen) Möglichkeiten Menschen haben. Der Hauptgrund sogenannter „Werkstätten für behinderte Menschen“ ist nicht, Leuten den Zugang zu Arbeit zu ermöglichen und sie bei dieser zu unterstützen53, sondern sie auszugrenzen und billige Arbeitskräfte zu haben. „Wohlfahrtsverbände“ und Unternehmen die dort produzieren lassen, machen extrem große Profite durch die systematische Unterbezahlung dort.54
- G3. Verschiedene Arbeitsmodelle zugänglicher machen: Menschen können und sollen selbst entscheiden55, wie hoch ihre Belastungsgrenze ist und in welchem Rahmen sie arbeiten wollen56. Die bürokratischen Hürden und erniedrigenden Prozesse beim Amt, die momentan notwendig sind, um z.B. Teilzeit-Ausbildungen zu machen oder bestimmte Berufe ohne Schichtdienst auszuüben, müssen komplett abgebaut werden.
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- G. Jobwahl unabhängig von zugeschriebenen Fähigkeiten ermöglichen: schon früh im Leben wird einem beigebracht, bestimmte Berufe Rollenbildern zuzuordnen und sich an vermeintlichen Fähigkeiten zu messen. Diese Faktoren prägen, was Menschen sich zutrauen. Gleichzeitig werden Arbeitsplätze durch ihre Gestaltung und normierte Anpassung an bestimmte Körper nicht für alle zugänglich gemacht. Deswegen gibt es z.B. immer noch mehr Männer in handwerklichen und technischen Berufen und mehr FLINTAs im Erziehungsbereich.
Internationale Produktion
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- H. Ende von „Outsourcing“: keine Auslagerung von Unternehmen in Deutschland an „günstigere“ Standorte, weil die Gesetzeslage dort eine größere Ausbeutung von Mensch und Natur ermöglicht oder um Arbeitskämpfe vor Ort zu brechen.
- I. Umsetzung der Forderungen von Arbeiter*innen in den internationalen Produktionszentren: der Grund, wieso viele Waren so unglaublich billig sind, ist weil sie unter erbärmlichsten Umständen und für sehr geringe Löhne produziert werden. Die Arbeiter*innen in sg. „Niedriglohnländern“ fordern gerechte Behandlung durch die Unternehmen, die ihren Hauptsitz oft im Westen haben: sichere Arbeit, höhere Löhne, das Recht auf Pausenzeit, kürzere Arbeitstage, kürzere Arbeitswochen, das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren usw.5758 Neben den moralischen Gründen, ihre Forderungen umzusetzen59, sind die Schicksale von Menschen in unterschiedlichen Regionen auch (materiell) auf verschiedenen Ebenen miteinander verbunden. Solange es Orte gibt, wo Menschen ausgebeutet werden, können Arbeiter*innen z.B. um Streiks zu brechen oder Lohnforderungen zu delegitimieren, gegeneinander ausgespielt werden.
Umverteilen
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- J. Finanzierung von oben genannten Punkten durch Umverteilung nach Unten: das Geld ist da, bei den Reichen und Besitzenden. Ein Mittel dafür ist die Einführung einer Erbschafts-, Vermögens- und Übergewinnsteuer.60
Forschungsaufruf
Einige der hier beschriebenen Ideen müssen noch wissenschaftlich belegt werden. Du studierst Politikwissenschaften, Wirtschaft oder Ähnliches und suchst nach einem Thema für deine Abschlussarbeit? Oder du kennst dich gut mit Arbeitsrecht oder Ökonomie aus und hast Lust selbständig ein Forschungsprojekt mit thematischem Bezug zu diesem oder einem anderen Programmteil von PS zu starten? Melde dich gern bei uns!
- Verfremdung, Ergebnis der Arbeit, was mit dem Ergebnis passiert [↩]
- Reproduktionsarbeit: die Arbeit, die die Gesellschaft am Laufen hält. Dazu gehören die Arbeit im Haushalt, das Austragen und Großziehen von Kindern, die Pflege anderer Menschen oder emotionale Arbeit (wie Konfliktlösung). In der heutigen Gesellschaft wird der größte Teil dieser Arbeit nicht entlohnt und von FLINTAs verrichtet. Dabei übernimmt sie die Funktion, die menschliche Arbeitskraft (für die Produktionsarbeit) zu erhalten. [↩]
- Oft in theoretische Werke umschrieben als ‚das Proletariat‘ [↩]
- Wenn Menschen aufgrund ihrer Klassenherkunft oder Klassenposition diskriminiert werden, ist das Klassismus. Klassismus ist die Folge der Klassengesellschaft. Daher kann er nicht nur auf der Ebene von (kultureller) Diskriminierung gelöst werden. Um Klassismus abzuschaffen muss vor allem die Klassengesellschaft überwunden werden. [↩]
- Siehe Einleitungstext Selbstverwaltung [↩]
- Work. Kapitalismus, Wirtschaft, Widerstand; Crimethinc. 2017 [↩]
- Arbeit, Gemeinschaft, Politik, Krieg; Prole.info [↩]
- Global Working Class; Wild Cat 2015 [↩]
- Honest Accounts 2017. How the world profits from Africa’s wealth, July 2017, Global Justice Now, Curtis Research, Jubilee Debt Campaign [↩]
- Aktuell erleben wir eine Wiederholung dieses Diskurses im Zusammenhang mit der Entwicklung künstlicher Intelligenz. Anders als in der industriellen Revolution oder in Zeiten der Digitalisierung, hat KI aber eher das Potential, Büro- und Managementarbeit (sogenanne „white collar“ Jobs) zu ersetzen.
Wir sehen in der Nutzung von KI, genauso wie bei vielen anderen Technologien, zwar große Potentiale zur Verkürzung und Erleichterung unserer Arbeit. Genauso hat sie aber das Potential für gesteigerte Massenüberwachung, Entfremdung und Unterdrückung eingesetzt zu werden. Wie bei allen Technologien kommt es darauf an, mit welchen Grundwerten und Absichten sie entwickelt und eingesetzt wird. (Siehe dazu Langfristig 1.5 Technik und Technologie) [↩] - Bullshit Jobs: Jobs, die keinen gesellschaftlichen Nutzen bringen und von den Menschen, die sie ausüben, als nutzlos empfunden werden. David Graeber stellt in seinem Artikel ‚On the Phenomenon of Bullshit Jobs: A Work Rant‘ fest, dass die von John Maynard Keynes prophezeite 15-Stunden-Woche in einigen Ländern mittlerweile umsetzbar wäre. Allerdings sei es nicht zu einer signifikanten Arbeitszeitverkürzung gekommen, sondern zu einer Ausbreitung von Bullshit Jobs. [↩]
- Katharina Schipkowski, Arbeitsbedingungen bei Amazon: Fatale Überwachung; TAZ 2020 [↩]
- Entfremdung: Durch die Arbeitsteilung, die den Produktionsprozess in verschiedene Phasen und an verschiedene Orte verteilt, wird der Mensch von dem Produkt seiner eigenen Arbeit entfremdet und hat meistens nach der Fertigstellung keinen Einfluss darauf, was damit passiert. Entfremdung passiert aber nicht nur im Produktionsprozess, sondern zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Dadurch ensteht eine passive Haltung gegenüber Politik, Unterdrückung, Ausbeutung und Natur. [↩]
- Murray Bookchin, Radical Agriculture, 1972 [↩]
- Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung; Gruppe Internationaler Kommunisten 1930 [↩]
- Effizienz: in der jetzigen Gesellschaft wird Effizient meistens mit Profitsteigerung gleichgesetzt, kann aber z.B. auch Arbeitserleichterung bewirken. Dazu ist Effizienz aber nicht der einzig zu betrachtende Faktor. So kann etwas unglaublich effizient sein, aber deswegen negative Folgen haben: Arbeitsteilung kann effizient sein aber die Arbeit langweilig machen; Prozesse der Rohstoffgewinnung schnell und einfach, aber unglaublich umweltzerstörend; bestimmte Entscheidungsmechanismen effizient aber für viele Menschen entfremdend sein. Effizienz soll deswegen immer im Einklang mit unseren Grundwerten sein. [↩]
- „Consumers can organise themselves into consumers’ councils that occur within the communities. Thus individuals are organised in families, these into block and then neighbourhood committees, and so on. These councils would be responsible for pointing out to the producers what they would like to consume, as we believe that it is need that must guide production, and not vice versa.“ Social Anarchism and Organisation (S. 26); Federação Anarquista do Rio de Janeiro 2008 [↩]
- Nachfrage ist die ökonomische Übersetzung von Bedürfnissen. Doch ab wann haben Bedürfnisse Angebote zur Folge? Ab wann werden Bedürfnisse relevant? Beispiel: Statistisch gesehen steigt die Zahl von LGBTIQ+ Jugendlichen deutlich an. Diese steigt auch, weil es mehr Vermittlung und Repräsentation gibt und somit ein steigendes Bedürfnis entsteht, hier hingehend Angebote wahrzunehmen. Auch in einer befreiten Gesellschaft entstehen immer neue Bedürfnissen – die Frage bleibt, ab wann es Sinn ergibt, Angebote vorzugeben die nicht einer konkreten Nachfrage beziehungsweise einem Bedürfnis entsprechen (z.B. Beratungsangebote, Impfungen) [↩]
- Es gibt schon viele konkrete Ideen dazu, z.B. die Entwicklung einer App für Arbeitsverteilung, die ähnlich wie Dating-Apps funktioniert: Wir können unsere Fähigkeiten und Interessen angeben und bekommen Arbeit vorgeschlagen, wenn wir diese gerne machen wollen können wir „nach rechts swipen“ und diese annehmen. [↩]
- Gabriele Winker, Soziale Reproduktion in der Krise – Care Revolution als Perspektive, Das Argument #292, 2011 [↩]
- Es gibt hierzu viele Beispiele. z.B. die Spanischen Revolution u. Burgerkrieg, Cuba, Vietnam, Burkina Faso, die Sovjet Union und China. [↩]
- In einer klassenlosen Gesellschaft, in der sich unser Verhältnis zu Konsum und zur Umwelt verändert, werden auch weniger Ressourcen notwendig sein. Gleichzeitig werden wir auf einige Rohstoffe nicht komplett verzichten können, zumindest nicht von einem Tag auf den anderen, solange keine ernsthafte Forschung für nachhaltige Alternativen stattfindet. [↩]
- Möglicherweise wird es am Anfang der Übergangsphase noch nicht zu einer Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit pro Person kommen. Das zeigen z.B. Erfahrungen aus der spanischen Revolution 1936 und neuere Analysen aus Großbritannien von den Angry Workers [↩]
- Der Basisgewerkschaft unterscheidet sich von der heutige ’normale‘ Gewerkschaft dadurch, dass die Arbeiter*innen selbst über ihre Arbeitskämpfen bestimmen, anstatt dass Repräsentant*innen für sie verhandeln und Entscheidungen treffen [↩]
- Das gleiche gilt für andere Bereiche, z.B. können selbstverwaltete Mieter*innengewerkschaften am besten die Interessen der jeweiligen Mieter*innen vertreten; https://mg-berlin.org/en/home [↩]
- Siehe auch Programmteil Wohnen und Selbstverwaltung. [↩]
- Mit „Interesse“ sind nicht nur witschaftliche Interessen gemeint, wie z.B. mehr Lohn. Veränderung der heutigen Wirtschaftsweise sind eine Basis für jede andere Veränderung, also sind wirtschaftliche Fragen unvermeidlich verknüpft mit z.B. ökologischen oder sozialen Fragen. Deswegen unterstützen wir auch der Kampf für das Recht auf politische und sektorübergreifende Streiks. [Siehe 3.2 F.] [↩]
- „Lukas Krämer ist ein Aktivist / Arbeitskampf-Aktivist / Streik-Organisator. Auf seinem YouTube-Kanal SakulTalks klärt er unter anderem über Ausbeutung in Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auf und fordert den Mindestlohn in Werk stätten, bis sie generell abgeschafft werden.“ (Rebellion der Ballastexistenzen) https://www.youtube.com/c/SakulTalks [↩]
- https://berlin.fau.org/strategie/betriebsraete [↩]
- Einige Beispiele hiervon sind u.a.: Vio.Me (Griechenland), StrikeBike (Deutschland), GKN (Italien), ITAS (Kroatien) und auch die Besetzerbewegung in Argentinien. [↩]
- https://www.redblacknotes.com/2022/07/18/anarchists-and-dual-power-situation-or-strategy [↩]
- Christiaan Cornelissen, Op weg naar een nieuwe maatschappij (1900). Kap. Kleinburgerlijke invloeden buiten het parlement. Koöperatie, bevoorrechte werklieden. [↩]
- „Eine Zeitbank ist eine meist lokale Vereinigung zur Erbringung gegenseitiger Leistungen auf Grundlage einer geldlosen Tauschwirtschaft. Sie stellt eine organisierte Form gegenseitiger Hilfe dar.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Zeitbank [↩]
- z.B. Sharing is Caring-Telegram-Gruppen [↩]
- https://www.fablab-berlin.org/de/ [↩]
- Eine Übersicht über Repair-Cafes in Berlin gibt es hier: https://repami.de/ Viele davon sind selbstorganisiert. [↩]
- Wenn anlassbezogen notwendig, z.B. wegen hoher Inflationsrate, müssen sofortige Lohnerhöhungen umgesetzt werden. [↩]
- Frederik Fuß, „Der Mythos der Lohn-Preis-Spirale – oder: warum alles teurer wird“; https://anarchismus.de/blog/theorie/der-mythos-der-lohn-preis-spirale [↩]
- David Graber, Bullshit Jobs: A theory, 2018 (Buch); Bullshit Jobs, 2013 [↩]
- Wünschenswert wäre eine größtmögliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, es bräuchte aber eine tiefergehende Analyse der aktuellen ökonomischen Verhältnisse um einzuschätzen, wie weit das momentan umsetzbar wäre. Eine Analyse natürlich, die zum Ziel die Verringerung der Arbeitszeit hat, ohne dabei Menschen in anderen Regionen mehr auszubeuten und z.B. die Abschaffung gesellschaftlich nicht notwendiger Arbeit sowie den Einsatz sinnvoller Technologien miteinbezieht. [↩]
- Beonders deutlich wird das im Gesundheitswesen. Artikel (Die Zeit) „Keine Zeit für Menschlichkeit“: https://www.zeit.de/arbeit/2018-02/pflege-krankenhaus-arbeit-stress-mangel [↩]
- de/artikel/1158542.selbstverwaltetes-wirtschaften-ein-haus-mit-geschaeftsfuehrern.html [↩]
- Tobias Müller, Iris Becker, Verifiziert Sommer ohne Lehrer, Katapult Magazin, 2022. „Damit sie in den Ferien nicht bezahlt werden müssen, werden befristet angestellte Lehrkräfte in den Sommerferien nicht weiter beschäftigt. Im nächsten Schuljahr werden sie erneut eingestellt.“ https://katapult-magazin.de/de/artikel/verifiziert-sommer-ohne-lehrer [↩]
- Wilder Streik: ein Streik welcher nicht durch eine (gesetzlich erkannte) Gewerkschaft getragen wird. In Deutschland sind wilder Streiks nicht rechtsgeschützt, auch wenn diese eigentlich nach der Europäische Sozialcharta erlaubt sein müssten. https://leipzig.fau.org/tuer-5-von-unserem-adventskalender-was-ist-ein-wilder-streik [↩]
- Das Kollektiv ‚Recht auf Streik‘ widmet sich diesem Thema. Zitat: „Das deutsche Streikrecht steht in der reaktionären Tradition von Hans Carl Nipperdey. Er war Jurist und hat sich im Faschismus als Kommentator des faschistischen Arbeitsrechts hervorgetan. Von 1954 bis 1963 war er Präsident des Bundesarbeitsgerichts und hat das restriktive deutsche Arbeitsrecht bis heute geprägt.“ https://rechtaufstreik.noblogs.org [↩]
- https://www.akweb.de/ausgaben/690/gewerkschaft-deutschland-streikrecht-gorillas-reform [↩]
- Gerade in Zeiten von Inflation wird sichtbar, wie sehr es unseren Klasseninteressen widerspricht, wenn wir wegen eines alten Tarifvertrages nicht streiken dürfen. Trotz kleiner Zugeständnisse wie der „Inflationsausgleichsprämie“ zahlten vor allem wir Lohnabhängige die Rechnung der Inflationswelle in 2023. Die Besitzende Klasse wälzte die Preissteigerungen auf uns ab oder schlug sogar noch extra Profite raus, während die Friedenspflicht die Arbeiter*innen wehrlos gegen solche Aktionen machte. [↩]
- Quelle zu Streikrecht/ Friedensplicht (DGB) https://www.dgbrechtsschutz.de/fileadmin/media/0_2015_Media_Neu/Schwerpunktthema/Arbeitskampfrecht/DGBRS_Arbeitskampfrecht.pdf [↩]
- Artikel zu 100 Jahre Sozialparterschaft (Peter Nowak) https://www.telepolis.de/features/100-Jahre-Sozialpartnerschaft-und-Volksgemeinschaft-4197830.html [↩]
- Kutzner, Edelgard (2017): Arbeit und Geschlecht. Die Geschlechterperspektive in der Auseinandersetzung mit Arbeit – aktuelle Fragen und Herausforderungen. Working Paper Forschungsförderung 030. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-006527 [↩]
- Ableismus: die strukturelle Diskriminierung behinderter und chronisch kranker Menschen. [↩]
- Dieser menschenfeindliche Gedanke hat in der Zeit des Nationalsozialismus durch die sogenannte Euthanasie seine grausamsten Formen angenommen und hat bis heute Kontinuität. Quelle: https://www.rebellion-der-ballastexistenzen.org/inhaltsnotiz-euthanasie-gewalt-mord/https://www.gedenkort-t4.eu/de [↩]
- https://raul.de/leben-mit-behinderung/das-ding-mit-dem-tellerrand [↩]
- https://www.angrycripples.com/Ein-Jahr-nach-Potsdam [↩]
- https://dieneuenorm.de/arbeit/werkstaetten-allgemeiner-arbeitsmarkt [↩]
- https://www.rebellion-der-ballastexistenzen.org/statement-zum-ver-di-streik [↩]
- https://labourbehindthelabel.org [↩]
- https://cleanclothes.org [↩]
- „Kein einziger Mensch“ — sagt Michael Bakunin — „kann seine eigene Menschlichkeit erkennen und verwirklichen, wenn er sie nicht in den anderen erkennt und den andern zu deren Verwirklichung hilft. Kein Mensch kann sich befreien, wenn er nicht zugleich alle Menschen, die ihn umgeben, befreit.“; Malatesta, Errico, Die Anarchie, 1909 [↩]
- „Aber es ist ebenso unbestreitbar, dass das [Erb]recht, nachdem es Wirkung vorheriger Taten und Tatsachen gewesen ist, seinerseits zur Ursache späterer Taten, selbst eine sehr reale und machtvolle Tatsache wird, die man beseitigen muss, wenn man zu einer anderen als der bestehenden Ordnung der Dinge gelangen will.“; dt. Rede über das Erbrecht auf dem Basler Kongreß der Internationale (unautorisierte Mitschrift) (10. September 1869) in Michael Bakunin. Konflikt mit Marx; Teil 1: Texte und Briefe bis 1870; Karin Kramer Verlag, Berlin 2007 [↩]